- Meiner Auffassung nach geht es im Studium darum, eigene Auffassungen und Problemstellungen zu entwickeln und diese dann an der zeitgenössischen Bildsprache zu reiben oder weiterzuentwickeln. Trotz der polpulären Redeweise vom “anything goes," oder von der Unübersichtlichkeit der Kunst, gibt es einen relativ abgesteckten Spielraum von dem “was geht" und Regeln, wie Kunst kommuniziert oder “gelesen" wird.
- Wie Boris Groys bin ich der Auffassung daß es eine zeitgenössische Sprache der Kunst gibt, oder anders ausgedrückt, daß die Bildende Kunst einen Diskurs bildet. (B. Groys: “Über das Neue")
- Es kann jedoch weder darum gehen, die zeitgenössische Bildsprache zu lernen wie eine Fremdsprache (dies ist nach den Regeln ihres Diskurses nicht möglich, es gilt als Imitation), noch sich damit gar nicht zu befassen und sich ganz vom Kunstbetrieb zurückzuziehen (das ist zwar theoretisch möglich, widerspricht aber dem Grundgedanken einer Hochschule); immerhin gehen Studenten ja auf die Hochschule um sich mit anderen Menschen und deren Ideen auseinanderzusetzen.
- Die Sprache der Kunst - oder die Prinzipien einer Kommunikation mit Bildern - hat keine festen grammatischen Gesetze sondern eher einen Regelsatz möglicher Regeln. Teil der zeitgenössischen Sprache der Kunst ist, daß sie Regeln immer wieder neu definiert, daß jedes Werk eigene Regeln aufstellt.
- Kunstkritik, die auf Sprachwissenschaft allein basiert, hat es daher auch schwer, den Diskurs ganz zu verstehen.
- Aber auch Kritik, die allein auf Werkanalyse beruht greift meiner Meinung nach zu kurz. (Interessant hier: Stanislaw Lem, “Philosophie des Zufalls") Grund dafür ist, daß der Kontext und die Rezeption von Kunst Bestandteil des Werkes werden. (Marcel Duchamp nannte das den Kunstkoeffizienten der Teiler zwischen Kunstwerk und Intention des Künstlers.)
- Bespiel: Sergeij Eisenstein, Joseph Beuys Beide wollten auf ihre Weise eine allgemeingültige Sprache des Films/der Kunst erarbeiten. Sie sind letztendlich mit diesem Bemühen gescheitert, da wir, benutzt ein Künstler deren Syntax oder Symbole heute, im besten Falle dies als Zitat Eisensteins oder Beuys' verstehen. (Sie sind aber auch gute Beispiele für die duch Rezeption veränderte Bedeutung von Werken)
- Mein persönliche Anliegen in der Lehre ist es daher, StudentInnen darin zu unterstützen, sich selbst zu Persönlichkeiten zu bilden. Künstler, die ein Anliegen haben, die um ihre treibende Kraft wissen, und von da aus in der Lage sind, ihre eigene Position im Diskurs zu behaupten.